Pschorr Bräurosl – O‘zapft 4.0
IO-Link managed Bierleitungen im Festzelt auf dem Münchener Oktoberfest
Das traditionsreiche Festzelt „Pschorr Bräurosl“ bot schon bei ihrem ersten Auftritt auf dem Oktoberfest 1901 ein damals technisches Highlight: Es war das erste Festzelt der Wiesn mit elektrischer Beleuchtung. Mehr als ein Jahrhundert später wurde im Jahr 2011 eine Bierringleitung unter dem Zelt verlegt. Sie half dabei, die Versorgung des Zeltes mit Festbier zu optimieren – von der Logistik bei der nächtlichen Anlieferung über die gewünschte Qualität bis hin zu einer leistungsfähigen Versorgung der einzelnen Schänken. Als im Jahr 2019 das Festzelt neu konzipiert wurde, nutzte die Paulaner Brauerei Gruppe, zu der die Marke Hacker-Pschorr gehört, um diese Ringleitung weiter zu optimieren.
Per Ringleitung zum Zapfhahn
Ein zentraler Bestandteil der Schanktechnik der „Pschorr Bräurosl“ ist die sogenannte Bierringleitung. Sie wurde 2011 erstmalig installiert und verlief unterhalb des Festzeltes in der Erde. Sie versorgt , ausgehend von einem Technikcontainer mit drei zentralen 28.000-Liter-Biertanks, die sechs Schankstellen mit Festbier. Bei allen Vorteilen stellte die Wartung dieser Leitung die Brauingenieure immer wieder vor Herausforderungen. Deshalb entschied sich die Brauerei mit dem Neubau der „Pschorr Bräurosl“, die Bierringleitung in das Festzelt selbst zu verlegen. Sie verläuft nun unterhalb des Balkons.
Um sicherzustellen, dass das Bier mit der idealen Temperatur von ca. 1°C an den Zapfhähnen ankommt, wurde erstmalig eine vakuumisolierte Leitung installiert, die das Bier in höchstmöglicher Qualität bis an die Schankhähne bringt.
Die Konzeption der Schanktechnik in dem Bräurosl-Festzelt lag dabei in den erfahrenen Händen von Uwe Daebel, Diplom-Brauingenieur der Paulaner Brauerei Gruppe, der bereits einschlägige Erfahrungen mit Projekten dieser Art hat.
Die Getränkemengen an den einzelnen Schankhähnen werden mit Hilfe von magnetisch-induktiven Durchflusssensoren präzise erfasst. Weitere Sensoren erfassen verschiedene Temperatur-, Leitwert- und Druckwerte in der Anlage. Alle diese Messwerte dienen zur Bilanzierung der Mengen für den Festwirt im laufenden Betrieb und – ganz wichtig – zur Planung der Biermengen, die jede Nacht per Tankzug angeliefert werden. Nur durch diese quantitative wie qualitative Überwachung des Bierflusses mittels Sensorik ist es möglich, den Gästen während der 16 bis 18 Tage andauernden Oktoberfestes jederzeit ein schön gezapftes und vor allem frisches Festbier anbieten zu können.
Datenmanagement per IO-Link
Schnell war den Planern klar, dass eine leistungsfähige Daten-Infrastruktur benötigt wird, um die zahlreichen Sensordaten aufsammeln und gebündelt an die zentrale Steuerung weiterleiten zu können. Die Wahl fiel auf die IO-Link-Technologie von ifm electronic. Da diese Technologie für die ausführende Firma noch Neuland war, erfolgte schon früh im Projekt eine bedarfsorientierte Schulung durch den Automatisierungsspezialisten ifm. Während der Umsetzungsphase stand ifm zudem mit einem schnellen und persönlichen Support bei auftretenden Fragen hilfreich zur Seite.
Die ausgeklügelte Technik erfasst nun über mehrere dezentrale IO-Link-Master-Module über hundert Sensor-Messwerte und überträgt diese via Profinet an eine zentrale SPS-Steuerung. Diese Steuerung koordiniert damit alle Abläufe in der Getränkeversorgung. Gleichzeitig werden alle relevanten Daten auch in Echtzeit in eine Cloud geladen und analysiert. Bei Abweichungen in den Abläufen wird sofort informiert, damit rechtzeitig Gegenmaßnahmen getroffen werden können. Somit sind maximale Versorgungssicherheit und Qualität gewährleistet.
IO-Link als herstellerübergreifender Standard
Die eingesetzten ifm-IO-Link-Master vom Typ AL1403 bieten die Möglichkeit, jeweils bis zu 8 Sensoren oder Aktoren anzubinden. Auch Binärsignale lassen sich über die E/A-Ports dieser Module weiterleiten, was die Installation im Bräurosl noch weiter vereinfacht hat.
In Summe ist diese IO-Link-Technologie das ideale Rückgrat, um die komplexe Technik des Bräurosl effektiv betreiben zu können. Ein großer Vorteil: Es können nicht nur Sensoren von ifm, sondern auch von anderen Herstellern problemlos angebunden werden. Mit der ifm-Software „moneo configure SA“ lassen sich herstellerübergreifend alle angeschlossenen Sensoren von zentraler Stelle aus per Fernzugriff parametrieren und diagnostizieren. Das sorgt nicht nur für eine einfache Inbetriebnahme, sondern auch für eine schnelle Diagnose im Fehlerfall.
Die hygienegerecht ausgelegten IO-Link-Feldmodule der „Food“- Reihe sind für den Einsatz unter härtesten Bedingungen ausgelegt. Sie werden genau dort platziert, wo auch die Sensordaten anfallen: sowohl im Zelt selbst als auch direkt in den Kühlcontainern, in denen die alkoholfreien Getränke in Fässern gelagert werden.
Durch die dezentrale Montage konnte der Installationsaufwand deutlich reduziert werden. Auch sonst übliche Hürden wie Potentialprobleme oder Störeinstrahlungen bei Analogwerten entfallen. Gerade in so großen Anlagen mit vielen 100 Metern Netzwerkausdehnung und nur vorübergehend aufgebauten Installationen bietet die sensornahe Signalbündelung unschätzbare Vorteile gegenüber konventioneller Einzelverdrahtung aller Sensoren.
Fazit
Die IO-Link-Technologie von ifm trägt wesentlich mit dazu bei, dass die komplexe Technik nach dem Oktoberfest schnell wieder abgebaut und bis zum nächsten Einsatz eingelagert werden kann – und dann im folgenden Jahr auch wieder stabil funktioniert. Zudem sind Änderungen bzw. Erweiterungen einfach umsetzbar. Die in den IO-Link-Mastern integrierten IoT-Schnittstellen erlauben dazu auch, Daten an der SPS vorbei direkt in die IT oder Cloud zu transferieren und zu analysieren.
Für die ausführende Firma war der Einsatz von IO-Link am Ende eine wesentliche Erleichterung. Sicher ist: Auch in weiteren Projekten wird man auf die Vorteile von IO-Link nicht mehr verzichten wollen.